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Behandlung von Zinsen auf Gesellschafterdarlehen im Rahmen von Doppelbesteuerungsabkommen

Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hat auf Anfrage des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) Stellung zu einer Vorlagefrage des Bundesfinanzhofs (BFH) genommen. Dabei geht es um die Behandlung von Zinsen auf Gesellschafterdarlehen im Rahmen der Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen. In unserem heutigen Fachartikel möchten wir Sie darüber informieren.

 

Was sind Doppelbesteuerungsabkommen?

Eine Doppelbesteuerung liegt vor, wenn das Einkommen eines Steuerpflichtigen für denselben Steuergegenstand sowie für den gleichen Zeitraum in mehreren Staaten einer vergleichbaren Steuer unterliegt. Somit kommt es zur zweifachen steuerlichen Belastung der Einkünfte. Um zu vermeiden, dass bei demselben Steuerpflichtigen dieselben Einkünfte für denselben Zeitraum durch gleichartige Steuern mehrfach belastet werden, haben die Staaten sogenannte Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) eingeführt. Es soll vermieden werden, dass bei natürlichen oder juristischen Personen, welche Einkünfte im Ausland erzielen, diese Einkünfte sowohl vom Ansässigkeitsstaat als auch vom Quellenstaat besteuert werden.

Hintergrund

Eine Vorlage des BFH nach Art. 100 I GG aus dem Jahr 2013 ist Gegenstand des vor dem BVerfG geführten Verfahrens. Der BFH hält § 50d X 1 EStG in der für das Jahr 2009 geltenden Fassung für verfassungswidrig. Denn hierdurch gelten Zinsen für Gesellschafterdarlehen zum Zwecke der Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen ausschließlich als Unternehmensgewinne, obwohl das Besteuerungsrecht für die Vergütungen in einem solchen Abkommen völkerrechtlich dem anderen Vertragsstaat als dem Ansässigkeitsstaat des Zahlungsempfängers zugewiesen wird. Nach Auffassung des BFH steht Deutschland lediglich ein Quellensteuerrecht zu. Im konkreten Fall geht es um das Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung, welches zwischen Deutschland und Italien geschlossen wurde.

Begründung des BFH: Treaty Override

Der BFH hält § 50d IX 1 Nr. 2 EStG 2009 für völkerrechtswidrig. Er sieht darin einen sogenannten Treaty Override. Dies bedeutet, dass der deutsche Gesetzgeber innerstaatliche Gesetze erlassen hat, die den völkerrechtlichen Vereinbarungen (DBA) widersprechen und somit gegen das DBA verstoßen. Somit kommt es zu einem einseitigen Bruch des völkervertragsrechtlich vereinbarten durch das deutsche Zustimmungsgesetz zu dem Doppelbesteuerungsabkommen, den der BFH für verfassungs- und völkerrechtlich unzulässig hält. Neben dem Vorliegen eines Treaty Override ist der BFH davon überzeugt, dass die rückwirkende Geltung beider Vorschriften, wie sie in § 52 Abs. 59a Satz 8 EStG 2002 n.F./2009 a.F. und in § 52 Abs. 59a Satz 10 EStG 2009 n.F. angeordnet werden, nicht verfassungskonform sind.

BRAK hält Vorlage teilweise zulässig und begründet

Da ein Treaty Override vorliege, hält die BRAK den Teil der Vorlage des BFH, der die unterschiedlichen Fassungen von § 50d Abs. 1 EStG betrifft, für nicht zulässig.

Soweit die Vorlage des BFH § 52 Abs. 59a Satz 8 EStG in der 2009 geltenden Fassung des Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetzes betrifft, hält die BRAK diese für zulässig und begründet.

Rückwirkende Anwendung verstößt aus Sicht der BRAK gegen Rückwirkungsverbot

Die rückwirkende Anwendung von § 50d Abs. 10 S. 1 EStG 2002 n.F./2009 a.F. und § 50d Abs. 10 S. 1 EStG 2009 n.F., verstößt aus Sicht der BRAK gegen das Rückwirkungsverbot. Das Rückwirkungsverbot besagt, dass eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit durch Gesetze bestimmt ist, bevor die Tat begangen wurde. Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn im Zeitpunkt der Verkündung die Steuerschuld bereits entstanden ist. Gesetze mit echter Rückwirkung sind grundsätzlich unzulässig.

In dem Fall, der dem Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des BFH zugrunde liegt, waren die Steuern gegen den Kläger noch nicht bestandskräftig festgesetzt. Demnach waren die Steuern durch die vorgenannten Vorschriften rückwirkend abänderbar. Die rückwirkende Anwendung von § 50d Abs. 10 S. 1 EStG 2002 n.F./2009 a.F. und § 50d Abs. 10 S. 1 EStG 2009 n.F., verstößt aus diesem Grund gegen das Rückwirkungsverbot.

Fazit

§ 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007/2009 ist verfassungs- und unionsrechtswidrig. Aufgrund der Zuständigkeit des EuGH ist das Verfahren vor dem BVerfG auszusetzen und dem EuGH vorzulegen.

Da ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip in Form der Anordnung einer unzulässigen echten Rückwirkung vorliegt, ist § 52 Abs. 59a Satz 9 EStG 2009/2013 i.V.m. § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG 2009/2013 verfassungswidrig und damit durch das BVerfG zu verwerfen.