Steuertipp: EuGH-Urteil zur Zeiterfassung: Was ändert sich?

EuGH-Urteil zur Zeiterfassung: Was ändert sich?

UnserRadio sprach mit Rechtsanwalt / Steuerberater Christian Gernoth

Laut einem EuGH-Urteil sollen Arbeitgeber künftig die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter dokumentieren müssen.

Herr Gernoth, welche unmittelbaren Folgen hat das EuGH-Urteil?

Christian Gernoth: Laut dem aktuellen Urteil soll die Aufzeichnung der Arbeitszeit der Mitarbeiter für Arbeitgeber in der EU künftig zur Pflicht werden. Die geleistete tatsächliche Arbeitszeit muss dokumentiert werden.

Das EuGH-Urteil richtet sich an die EU-Mitgliedstaaten, daher hat das Urteil aktuell noch keine direkten Auswirkungen für Arbeitgeber. Es besteht derzeit also kein Druck, ein System zur Zeiterfassung anzuschaffen. Denn in Deutschland muss die Politik die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) jetzt umsetzen. Wann sich die Rechtslage in Deutschland ändern wird, steht daher noch nicht fest.

Müssen Arbeitgeber jetzt Zeiterfassungssysteme anschaffen?

Christian Gernoth: Die ersten Anbieter von elektronischen Zeiterfassungssystemen drängen mit Angeboten auf den Markt. Die Dienstleister verweisen dabei in ihren Angeboten auf die neue Rechtslage. Dieser Hinweis ist aber nicht richtig. Eine Pflicht zur generellen elektronischen Aufzeichnung von Arbeitszeiten gibt es derzeit in Deutschland nicht.

Gibt es aktuell also keine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung?

Christian Gernoth: In Deutschland gibt es aktuell keine generelle Verpflichtung für Arbeitgeber, die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter zu erfassen. Allerdings gibt es zum Beispiel Pflichten zur Zeiterfassung aus anderen Gesetzen wie dem Mindestlohngesetz, danach müssen bestimmte Branchen aktuell schon die Arbeitszeit erfassen.

Zudem müssen Arbeitgeber aller Branchen Mehrarbeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes schon jetzt dokumentieren.

Welche Folgen wird das EuGH-Urteil langfristig haben?

Christian Gernoth: Es wird für Arbeitgeber künftig eine generelle Pflicht zur Arbeitszeiterfassung geben. Die Unternehmer werden diese Pflicht aber an die Mitarbeiter delegieren können.

Und natürlich gibt es durch die Einführung einer verpflichtenden Arbeitszeitdokumentation auch Vorteile für Arbeitnehmer. Arbeitnehmer werden im Streitfall Überstunden künftig einfacher geltend machen und vor allem nachweisen können.