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Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft? Kooperation für Ärzte

Angehörige freier Berufe, zu denen unter anderem ein Großteil der Heilberufe gehört, haben bei der Neugründung einer Praxis die Wahl zwischen verschiedenen Rechts- bzw. Gesellschaftsformen. Doch welche Praxisform eignet sich für welchen Arzt am besten? Einzelpraxis oder doch Kooperation? Und worin besteht eigentlich der Unterschied zwischen einer Praxisgemeinschaft und einer Gemeinschaftspraxis? Hubert Gernoth, Fachberater für den Heilberuf von der Kanzlei Gernoth mit Standort in Regen, Deggendorf und Zwiesel, informiert Ärzte und Ärztinnen über alles Wichtige rund ums Thema Kooperation, Arbeit im Verbund und Praxisgemeinschaft.

Unterschied Praxisgemeinschaft und Gemeinschaftspraxis

Gemeinschaftspraxis: eine Praxis, demzufolge ein Patientenstamm, eine Abrechnung der ärztlichen Leistungen. Gemeinschaftspraxen stellen in erster Linie eine Kooperation mehrere Ärzte dar. Hierbei sind gemeinsame Praxisräume sowie eine gemeinsame Einrichtung und ein gemeinsames Personal Voraussetzung. Eine Gemeinschaftspraxis ist demnach eine einheitliche Praxis.

Praxisgemeinschaft: mehrere Praxen, demzufolge separate Patientenstämme sowie separate Abrechnungen der ärztlichen Leistungen. Bei der Praxisgemeinschaft liegt im Unterschied zur Gemeinschaftspraxis (auch genannt örtlichen Berufsausübungsgemeinschaft) eine sog. Organisationsgemeinschaft vor. Bei der Praxisgemeinschaft (auch genannt überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft) handelt es sich ebenso wie bei der Gemeinschaftspraxis um eine Kooperationsform, jedoch in diesem Fall um eine Kooperation unterschiedlicher Vertragsärzte.

Häufig wählen Fachärzte wie Zahnärzte eine derartige Praxisform, da Viele ihren zahnärztlichen Beruf nicht allein, sondern in einer Gemeinschaft mit anderen Zahnärzten ausüben. Besonderheit hierbei ist, dass bei einer Praxisgemeinschaft nicht zwangsläufig zwei oder mehr getrennte Praxen vorliegen müssen - oftmals haben die verschiedenen Teilhaber an einer Praxisgemeinschaft gemeinsame Praxisräume und nutzen dieselben Geräte bzw. Praxiseinrichtungen. Jedoch führen auch bei dieser Art der Praxisgemeinschaft die einzelnen Mitglieder einen eigenen Namen für die Praxis und rechnen die Leistungen eigenständig und getrennt voneinander ab. Damit handelt es sich zwar räumlich nicht unbedingt um "mehrere Praxen", rechtlich jedoch schon.

Kurz erklärt: Vertragsarzt

Vertragsärzte, früher auch genannt Kassenärzte, sind Ärzte, die zur Teilnahme an der ambulanten ärztlichen Versorgung und Behandlung gesetzlich Krankenversicherter zugelassen sind. Ähnlich wie bei approbierten Apothekern ist hierfür eine Zulassung Voraussetzung sowie die Eintragung in das Arztregister. Vertragsärzte erhalten diese Zulassung in der Regel über die Kassenärztliche Vereinigung (KV). Ihre ärztlichen Leistungen rechnen sie über die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ab.

Was ist die Rechtsform einer Gemeinschaftspraxis?

Arztpraxen, gleicher welcher Praxisform, werden in der Regel als Personengesellschaften gegründet. In Deutschland sind Gemeinschaftspraxen, also Praxen, in denen mehrere Ärzte zusammenarbeiten, meist in der Rechtsform der BGB-Gesellschaft (= GbR). Das ärztliche Berufsrecht bezeichnet diese Gesellschaftsform als Gemeinschaftspraxis, da sich die Gesellschafter gegenseitig zur "Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten." Der gemeinsame Zweck wäre hier die ärztliche Behandlung von Patienten - sei es mit Fachrichtung oder ohne. Eine weitere beliebte Rechtsform für die Gemeinschaftspraxis ist mittlerweile auch die Kapitalgesellschaft.

Welche Rechtsformen kommen für die Gründung einer Praxisgemeinschaft in Frage?

Die Praxisgemeinschaft ist im Vergleich zur Gemeinschaftspraxis KEINE Berufsausübungsgesellschaft, sie schließt lediglich die gemeinschaftliche Nutzung von Praxisräumen, Geräten und sonstigen Gegenständen (ggfs. auch des Personals) ein. Meist wird für die Praxisgemeinschaft die Rechtsform der Partnerschaftsgesellschaft nach Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG) gewählt. Entscheiden sich mehrere Ärzte nun also dazu, eine Praxisgemeinschaft zu gründen und hierfür die Gesellschaftsform einer Partnerschaft zu nutzen, so muss diese neu gegründete Partnerschaft durch das jeweils zuständige Amtsgericht in das sog. Partnerschaftsregister eingetragen werden. Es handelt sich hierbei um eine ähnliche Struktur wie bei dem klassischen Handelsregister.

Das Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG)

Das Partnerschaftsgesellschaftsgesetz, kurz PartGG, regelt die Voraussetzungen für die seit 1995 existierende Rechtsform der Partnerschaft. Laut Gesetzgeber können sich Angehörige freier Berufe zur Ausübung ihres Berufes in Form einer Partnerschaft zusammenschließen. Das PartGG regelt außerdem, dass hierfür die Gesellschaftsform frei gewählt werden kann. Weiterhin MUSS eine neu gegründete Partnerschaft aus zwei oder mehr Partnern beim zuständigen Amtsgericht angemeldet und ins Partnerschaftsregister eingetragen werden. Was den Namen des Zusammenschlusses betrifft, muss im Titel mindestens der Name eines Partners sowie der Zusatz "und Partner" oder "Partnerschaft" enthalten sein.

Rechtsformen von Gemeinschaftspraxen und Praxisgemeinschaften im Überblick

Anzahl der Ärzte

Gemeinschaftspraxis

mehrere Ärzte, ggf. verschiedener Fachrichtungen

Praxisgemeinschaft

mehrere Ärzte, ggf. verschiedener Fachrichtungen

Praxis und Praxisräume

Gemeinschaftspraxis

eine Praxis, gemeinschaftliche Nutzung der Praxisräume

Praxisgemeinschaft

eine oder mehrere Praxen, bei 1 Praxis findet ebenso wie bei der Gemeinschaftspraxis eine gemeinsame Nutzung der Praxisräume statt

Inventar

Gemeinschaftspraxis

gemeinschaftliche Nutzung des Inventars

Praxisgemeinschaft

bei 1 Praxis ebenso gemeinschaftliche Nutzung des Inventars

Personal und Patientenstamm

Gemeinschaftspraxis

gemeinsames Personal sowie gemeinsamer Patientenstamm

Praxisgemeinschaft

getrenntes Personal (lediglich bei 1 Praxis gemeinsames Personal), stets getrennter Patientenstamm

Rechtsform

Gemeinschaftspraxis

BGB-Gesellschaft (GbR) oder Kapitalgesellschaft nach BGB §705

Praxisgemeinschaft

BGB-Gesellschaft (GbR) oder Partnerschaftsgesellschaft nach PartGG sowie dem Recht der OHG

Offizielle Eintragung

Gemeinschaftspraxis

keine Eintragung notwendig, da es kein "Gesellschaftsregister" gibt

Praxisgemeinschaft

Eintragung in das Partnerschaftsregister zwingend notwendig

Haftung

Gemeinschaftspraxis

Da in der Gemeinschaftspraxis die Behandlungsverträge von der Gesellschaft abgeschlossen werden, haftet die gesamte Gesellschaft als juristische Person. Hier haftet nicht der einzelne Gesellschafter, sondern die gesamte Gesellschaft mit ihrem Vermögen. Gesellschafter einer GbR haften, im Unterschied zum Partner einer Partnerschaft, grundsätzlich für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich.

Praxisgemeinschaft

In der Praxisgemeinschaft schließen in der Regel die Mitglieder separat mit ihrem jeweiligen Patientenstamm Behandlungsverträge ab. Das heißt, das im Falle eines Behandlungsfehlers lediglich derjenige Gesellschafter haftet, der den jeweiligen Behandlungsvertrag abgeschlossen hat - dies gilt ebenso für die persönliche Haftung der Partner einer Partnerschaftsgesellschaft. Aus diesem Grund spricht man in diesem Fall auch von einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung.

Haftungsrisiko

Gemeinschaftspraxis

Höheres persönliches Haftungsrisiko der einzelnen Gesellschafter, da Gesellschafter auch für Behandlungsfehler anderer Gesellschafter in die Haftung genommen werden können.

Praxisgemeinschaft

mehrere Ärzte, ggf. verschiedener Fachrichtungen

Welche Praxisformen gibt es sonst?

Einzelpraxis

Neben der Gründung einer Praxisgemeinschaft oder der Gründung einer Gemeinschaftspraxis gibt es noch die Möglichkeit, eine Einzelpraxis zu gründen. Zentrales Merkmal einer Einzelpraxis ist die Tätigkeit EINES Vertragsarztes oder Privatarztes an EINEM Praxisstandort. Ein wesentlicher Vorteil der Einzelpraxis ist die gesteigerte Unabhängigkeit des jeweiligen Praxisinhabers bzw. der Praxisinhaberin. Weiterhin besticht die Einzelpraxis durch ihre deutlich kürzeren Entscheidungswege. Nachteil ist hier jedoch im Vergleich zu Kooperationsformen ein beschränktes Leistungsangebot.

Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ)

Medizinische Versorgungszentren genießen insbesondere in den letzten Jahren wachsende Beliebtheit. Zentrales Merkmal dieser MVZs ist die Zusammenarbeit von mindestens zwei Ärzten (Vertragsärzte oder Angestellte) gleicher oder verschiedener Fachrichtungen. Weiterhin besteht in Medizinischen Versorgungszentren die Möglichkeit auf Anschluss anderer nichtärztlicher Heilberufler, wie in etwa Pflegedienste, Apotheker oder Ähnlichem. Ein großer Vorteil von MVZs ist die Möglichkeit auf Erweiterung des Leistungsspektrums sowie die Nutzung von Synergien durch die gemeinschaftliche Nutzung der Infrastruktur. Gleichermaßen gewährleistet ein MVZ auch eine verbesserte Kooperation unter den Berufsangehörigen verschiedener Fachrichtungen.

Zweigpraxis (Filiale)

Eine weitere, durchaus beliebte, Praxisform ist die sog. Zweigpraxis bzw. Filiale. Merkmal einer derartigen Filialpraxis ist, dass de Praxisinhaber (Vertragsarzt oder Privatarzt) an MEHREREN Orten MEHRERE Praxen eröffnen und führen. Im Prinzip funktioniert das Ganze dann ähnlich wie bei Apothekern, die mehrere Filialen ihr Eigen nennen. Vorteile der Praxisform der Zweigpraxis ist die Ausweitung des Patientenkreises sowie die Nutzung von Marketingeffekten und die Verbesserung der Patientenversorgung am Ort der jeweiligen Zweigpraxis.