MVZ – Die Kooperationsform für Ärzte im Überblick

Das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) stellt eine bedeutende Kooperationsform für Ärzte dar, die ihre medizinische Versorgungstätigkeit auf ambulanter Basis vereinen möchten. Eine gründliche Planung und Beratung durch Steuerberater, Rechtsanwälte und Experten im Gesundheitswesen sind entscheidend, um die Chancen des MVZ zu nutzen und die Herausforderungen erfolgreich zu meistern. Welche Vor- und Nachteile bringt die Kooperationsform mit sich? In diesem Artikel erfahren Sie mehr zu den steuerlichen, rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Aspekten der MVZ. 

Was ist das MVZ?

Das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) ist eine Kooperationsform, die es Ärzten ermöglicht, ihre medizinische Versorgungstätigkeit unter einem gemeinsamen Dach zu vereinen. Ein MVZ kann von Ärzten, Krankenhäusern oder anderen Trägern gegründet werden und bietet medizinische Leistungen auf ambulanter Basis an. 

Das Bundesministerium für Gesundheit definiert ein MVZ wie folgt:

Medizinische Versorgungszentren (MVZ) sind eigenständige Leistungserbringer, in denen mehrere ambulant tätige Ärztinnen und Ärzte kooperativ unter einem Dach zusammenarbeiten.“ 

 

Eingeführt wurde das MVZ im November 2003 im Rahmen des GVK-Modernisierungsgesetzes. Die Gründung eines MVZ ermöglicht es den beteiligten Ärzten, ihre Praxen zu einer gemeinsamen Einrichtung zu fusionieren oder in Form eines Zusammenschlusses enger zusammenzuarbeiten. Das MVZ bietet somit eine Möglichkeit für Ärzte, ihre Ressourcen zu bündeln und Synergien zu nutzen, um eine effizientere Patientenversorgung zu gewährleisten. In Medizinischen Versorgungszentren können beliebig viele zugelassene Ärzte oder Psychotherapeuten im Angestelltenverhältnis arbeiten, was in den herkömmlichen Praxen nur sehr eingeschränkt erlaubt ist. MVZ können fachübergreifend Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen und psychologische Psychotherapeuten beschäftigen. Sie können aber auch nur aus Ärzten einer Fachrichtung beziehungsweise nur aus Psychotherapeuten bestehen. Ein Vorteil der MVZ ist die Kosteneinsparung, die durch die gemeinsame Nutzung von Ressourcen, wie zum Beispiel der Medizintechnik, den Räumen und dem Personal, erlangt wird. Auch die enge Zusammenarbeit mehrerer Fachrichtungen nah beieinander und die Entlastung der Mediziner von verwaltungstechnischen Aufgaben spricht für die Kooperationsform. 

Rechtsform des MVZ

Das MVZ unterliegt einer Vielzahl von rechtlichen Bestimmungen, die sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene geregelt sind. Die zentralen rechtlichen Regelungen für MVZ sind im Sozialgesetzbuch, insbesondere im SGB V, festgehalten.

Unter anderem legt das SGB V fest, dass das MVZ eine Zulassung von den zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen benötigt, um Leistungen mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen zu können. Das MVZ muss bestimmte organisatorische und personelle Voraussetzungen erfüllen, um diese Zulassung zu erhalten, wie zum Beispiel die Leitung durch einen approbierten Arzt mit der erforderlichen fachlichen Qualifikation oder die notwendige räumliche und technische Ausstattung, um eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung zu gewährleisten. 

Darüber hinaus sind auch Fragen des Gesellschaftsrechts relevant, da das MVZ wie eine juristische Person behandelt wird. Es muss einen Träger oder eine Trägergesellschaft haben, die für die Geschäftsführung und die Verwaltung des MVZ verantwortlich ist. Die Beteiligungsverhältnisse unter den Ärzten müssen klargestellt und vertraglich geregelt werden.

Die Wahl der MVZ-Rechtsform ist eine Voraussetzung für die Gründung und beeinflusst alle wirtschaftlichen und (steuer)-rechtlichen Belange. Zur Auswahl stehen folgende Rechtsformen:

  • Personengesellschaft (GbR)
  • Partnergesellschaft (PartG und PartG mbB)
  • eingetragene Genossenschaft (eG)
  • Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
  • öffentlich rechtliche Rechtsform (AÖR)

Die Rechtsform Aktiengesellschaft (AG) ist für ein MVZ nicht zulässig. Im Normalfall wird ein MVZ als GbR oder GmbH organisiert.

Steuerliche Besonderheiten des MVZ

Niedergelassene Ärzte haben sich früher in der Regel nur mit dem Thema Einkommensteuer auseinandersetzen müssen – sei es als niedergelassener oder als angestellter Arzt. Insbesondere für Ärzte, die in Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) tätig sind, können aber auch andere Steuerarten relevant sein. Denn wegen der verschiedenen Rechtsformen, die für ein MVZ gewählt werden, und der Vielfalt der angebotenen Leistungen kann es zu einer Umsatz- und sogar zusätzlich noch zu einer Gewerbesteuerpflicht kommen.

So können z.B. zusätzliche Leistungen wie der Verkauf von Kontaktlinsen oder nicht medizinisch indizierte Selbstzahlerleistungen umsatzsteuerpflichtig sein. Oder es kann durch die Vermietung von Praxisräumen oder den Verkauf von medizinischen Hilfsmitteln durch das MVZ eine Gewerbesteuerpflicht entstehen. Am besten wird hier die gewerbliche Tätigkeit deutlich von der ärztlichen freiberuflichen Tätigkeit getrennt, um zu vermeiden, dass alle Leistungen davon betroffen sind..

Eine weitere Besonderheit sind die steuerlichen Aspekte bei der Gründung des MVZ.
Unabhängig von der Rechtsform (Personengesellschaft oder einer Kapitalgesellschaft) in der das MVZ  betrieben wird, haben die an der Gründung beteiligten Gesellschafter die Möglichkeit, ihre Praxen oder ihre Praxisanteile einzubringen. Dabei handelt es sich au  ertragsteuerlicher Sicht um veräußerungs- oder tauschähnliche Vorgänge, die eine Gewinnrealisierung auslösen. Um den Vorgang weitestgehend steuerneutral zu gestalten, sollten etwaige Gewinne tarifbegünstigt sein und zusätzliche Abschreibungsvolumen schaffen. Auf zwei Dinge wollen wir in diesem Artikel noch kurz detaillierter eingehen: 

  1. Einbringung einer Einzelpraxis:

Bringen die einzelnen Gründe ihre bereits bestehenden Einzelpraxen in ein als Personengesellschaft organisiertes MVZ ein, so kann das eingebrachte Betriebsvermögen mit seinem Buchwert, dem höheren Teilwert oder einem Zwischenwert angesetzt werden. Erfolgt die Einbringung zu Buchwerten, ist dies steuerneutral möglich

Sollte ein Partner zusätzlich zu seinem Mitunternehmeranteil am MVZ noch eine Zahlung erhalten, so ist das sein steuerpflichtiger Veräußerungsvorgang. Das Bewertungswahlrecht gilt dann nur für den Anteil der eingebrachten Wirtschaftsgüter, der nicht als veräußert gilt.

Erfolgt die Einbringung zum höheren Teilwert, finden auf den Einbringungsgewinn die Freibetrags- sowie die Fünftelregelung Anwendung. Zu beachten ist, dass die Steuervergünstigung jedoch nicht gilt, wenn auf der Seite des Einbringenden und auf der Seite des übernehmenden MVZ dieselben Personen beteiligt sind. In diesem Fall ist der Einbringungsgewinn als laufender Gewinn zu versteuern. Aus steuerlicher Sicht ist daher die Einbringung zum Buchwert sinnvoller. Voraussetzung ist jedoch, dass sowohl die bisherigen Einzelpraxisinhaber als auch das übernehmende MVZ jeweils eine Bilanz aufstellen. 

  1. Einbringung einer Praxisanteils:

Soll das MVZ als Kapitalgesellschaft, zum Beispiel als GmbH, organisiert werden, können sowohl Einzelpraxen als auch Anteile an Gemeinschaftspraxen im Weg der Sachgründung oder – nach Bargründung – im Weg der Sachkapitalerhöhung in eine GmbH eingebracht werden.

Voraussetzung für die Steuerbegünstigung ist, dass ein Betrieb, ein Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil in eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft eingebracht wird. Die Gegenleistung muss jeweils in der Gewährung neuer Anteile an der empfangenden Gesellschaft (MVZ) bestehen. Die Kapitalgesellschaft hat ein Wahlrecht, das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem steuerlichen Buchwert oder einem höheren Wert (maximaler Teilwert) anzusetzen. Der Wert, mit dem die Kapitalgesellschaft die Wirtschaftsgüter ansetzt, gilt für den Einbringenden als Veräußerungspreis und gleichzeitig als Anschaffungskosten der dafür gewährten Gesellschaftsanteile. Ein Veräußerungsgewinn des Einbringenden ist steuerbegünstigt, wenn der Einbringende eine natürliche Person ist.

Um steuerliche Risiken zu vermeiden und Optimierungsmöglichkeiten zu nutzen, ist es ratsam, frühzeitig juristischen und steuerlichen Rat einzuholen. Spezialisten für den Bereich Heilberufe können bei der Wahl der Rechtsform, der Einbringung oder Aufgabe der eigenen Praxis und anderen wichtigen Entscheidungen unterstützen. Mehr branchenspezifische Informationen zu Heilberufen finden Sie unter Steuerberater für Arzt, Zahnarzt, Apotheker (gernoth.de)

Die Wahl der Rechtsform, die Unterscheidung zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit und die Beachtung der Umsatz- und Gewerbesteuerregelungen sind entscheidende Punkte, die bei der Gründung und dem Betrieb eines MVZ berücksichtigt werden müssen.

Betriebswirtschaftliche Aspekte

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht bietet das MVZ den Vorteil, dass es verschiedene administrative und organisatorische Aufgaben zentralisiert. Es ermöglicht eine gemeinsame Nutzung von Räumlichkeiten, Personal und medizinischer Ausstattung, was zu Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen führen kann.

Durch die Zusammenarbeit im MVZ können Ärzte auch ihre fachlichen Kompetenzen erweitern und sich gegenseitig unterstützen. Die gemeinsame Nutzung von Fachwissen und Erfahrungen trägt zur Qualitätssteigerung bei und ermöglicht eine umfassendere Versorgung der Patienten.

Darüber hinaus eröffnet das MVZ auch Chancen für Kooperationen mit anderen medizinischen Einrichtungen wie Krankenhäusern oder Fachärzten. Durch eine engere Vernetzung können Synergien genutzt und weitere Versorgungsangebote geschaffen werden.

Potenzielle Nachteile eines MVZ

Obwohl Medizinische Versorgungszentren (MVZ) viele Vorteile bieten, haben sie auch einige potenzielle Nachteile:

  1. Steigende Bürokratie: Die Verwaltung eines MVZs kann mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand verbunden sein. Es müssen zahlreiche rechtliche, finanzielle und organisatorische Anforderungen erfüllt werden, um den Betrieb aufrechtzuerhalten.
  2. Eingeschränkte ärztliche Autonomie: In einem MVZ können Ärzte möglicherweise weniger unabhängig arbeiten als in einer Einzelpraxis. Die Entscheidungsprozesse können komplexer sein und von den Vorgaben und Vorschriften des MVZs beeinflusst werden.
  3. Konzentration von Macht und Gewinn: In großen MVZs besteht die Gefahr, dass die Entscheidungsgewalt und der Gewinn auf wenige Personen oder Investoren konzentriert werden. Dies kann zu einer Verringerung der ärztlichen Autonomie und zu einem Fokus auf finanzielle Effizienz anstelle der Patientenversorgung führen.
  4. Schwierigkeiten bei der Integration: MVZs müssen oft mit anderen Leistungserbringern im Gesundheitswesen, wie Krankenhäusern oder niedergelassenen Ärzten, zusammenarbeiten. Integration und Koordination dieser verschiedenen Akteure können komplex und herausfordernd sein.
  5. Beschränkte Spezialisierung: Aufgrund der Vielfalt der angebotenen medizinischen Leistungen in einem MVZ können Ärzte möglicherweise weniger auf eine bestimmte Fachrichtung spezialisiert sein. Dies kann die Qualität der Versorgung in spezialisierten Bereichen beeinträchtigen.

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle MVZs mit diesen Nachteilen konfrontiert sind. Die genauen Auswirkungen können je nach individueller Situation und Organisation variieren. Eine sorgfältige Planung und effektive Managementstrategien können dazu beitragen, diese Nachteile zu minimieren. Dabei kann Sie die Kanzlei Gernoth unterstützen. Mehr Informationen zu branchenspezifischen Informationen zu Heilberufen finden Sie unter Steuerberater für Arzt, Zahnarzt, Apotheker (gernoth.de