Der riskante Weg in die Selbstständigkeit und warum es sich lohnt

Hubert Gernoth über die Anfänge der Kanzlei Gernoth, die Zweifel aus seinem Umfeld und seine Wünsche für die Zukunft

Seit mehr als 40 Jahren gibt es die Kanzlei Gernoth nun schon. Während der Inhaber Hubert Gernoth zunächst eine Filiale in Regen eröffnete, besitzt er heute zwei weitere Niederlassungen (Zwiesel und Deggendorf) mit 16 Mitarbeitern und zwei Partnern. Der Weg in die Selbstständigkeit war nicht immer leicht, kamen Zweifel aus seinem Umfeld über das Risiko, dass eine Kanzleigründung mit sich bringt. Trotz der Bedenken seiner Freunde und Familie entschied sich Gernoth dazu, seine eigene Kanzlei zu gründen – und das mit großem Erfolg. Er berichtet von seinem Werdegang zum Steuerberater, den Anfängen in der Kanzlei und seinen Wünschen für die Zukunft.

Wie alles begann

Hubert Gernoth war zunächst nicht darauf aus, Steuerberater zu werden. Nach seinem Schulabschluss an der Realschule begann er die Ausbildung in der Finanzverwaltung. Nach fünf Jahren Ausbildung arbeitete Gernoth beim Finanzamt München für Körperschaften. Doch die Arbeit in der Finanzverwaltung erfüllt ihn nicht, hat man in diesem Beruf keine gestalterischen Freiheiten. Das ist in der Steuerberatung anders, und so entschied sich Gernoth als Steuerfachmann in einer Steuerkanzlei einzusteigen. Aus seinem Umfeld hagelte es Kritik, hat er doch seine Anstellung im Finanzamt und das damit einhergehende Beamtenverhältnis aufgegeben. Freunde und Familie raten davon ab, denn Beamte haben ein hohes Ansehen und einen sicheren Job. Doch Gernoth geht seinem Berufswunsch  nach und arbeitet fünf Jahre in einer Steuerkanzlei. Im Jahr 1981 absolviert er dann erfolgreich die Steuerberaterprüfung.

Dort arbeitet er sich hoch, erlangt eine gute Position mit einem guten Gehalt. Doch wieder gibt er seinen Job auf – um sich selbstständig zu machen. Auch diesmal zweifeln Freunde und Familie. Warum gibt er eine gute Position auf, um den schweren, unsicheren Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen? Für damalige Verhältnisse war das sehr ungewöhnlich, so Gernoth, deshalb kann er die Zweifel aus dem Bekanntenkreis verstehen. Doch für ihn war das die einzig richtige Entscheidung. 

„In alteingesessenen Kanzleien gibt es schon feste Strukturen, die man als neuer, junger Steuerberater nicht durchbrechen kann“, erklärt Gernoth. Für ihn war das nicht zufriedenstellend und so entschied er sich für die Gründung einer eigenen Kanzlei. „Innere Zufriedenheit war mir wichtiger als jedes Risiko“, sagt Gernoth und betont, dass die Verdienstmöglichkeiten für ihn auch eher eine untergeordnete Rolle spielten. Die gestalterischen und unternehmerischen Freiheiten, die man als Kanzleiinhaber hat, waren zunächst die ausschlaggebenden Aspekte, warum er im Jahr 1982 die Kanzlei Gernoth in Regen gründete. 

Das Risiko hat sich gelohnt: Angefangen mit der Niederlassung in Regen wuchs die Steuerkanzlei Gernoth schnell. Es folgen zwei weitere Standorte, im Jahr 1995 eröffnet die Kanzlei Gernoth eine Filiale in Deggendorf und 1999 folgt eine weitere in Zwiesel. Heute kann Hubert Gernoth stolz auf über 40 Jahre Kanzleigeschichte zurückblicken.

Die Zukunft in der Kanzlei Gernoth

Nicht nur die Vergangenheit hat Gernoth gut in Erinnerung, auch für die Zukunft der Kanzlei schätzt er positiv ein. Die wichtigsten Aspekte sind für ihn Weiterbildung und Spezialisierung. In der Kanzlei Gernoth wird bereits speziell die Steuerberatung für Heilberufe angeboten, sowie für Handwerksbetriebe, Hotels, sowie in Betrieben der Landwirtschaft und der Industrie. Zukünftig soll sich die Kanzlei weiterentwickeln und weiter auf diese, sowie auf andere Branchen spezialisieren. Die Weiterbildung der Mitarbeiter ist zudem ein Punkt, den Gernoth als wichtig für die Zukunftsfähigkeit der Kanzlei sieht. 

Weiterbildungen als Fundament für die Zukunftsfähigkeit 

„Es gibt keine Probleme, es gibt nur Lösungen“, sagt er, doch um diese Aussage zu unterstützen, braucht es umfassendes Wissen und Fachkenntnisse. So sollte man alle in Frage kommenden Möglichkeiten und die Zusammenhänge zwischen den Rechtsgebieten kennen, um den Mandanten eine gute Beratung bieten zu können. Wenn man als Steuerberater nur einen Teil der Möglichkeiten kennt, kann man nicht alles lösen. Aus diesem Grund setzt Gernoth auf die Weiterbildung seiner Mitarbeiter. 

Er selbst ist seit 2021 zertifizierter Berater für die Immobilienbesteuerung und Immobilienverwaltung. Auch wenn man zunächst meinen könnte, dass diese Spezialisierung nicht richtig in die Steuerberatung passe, empfindet Gernoth sie als sehr hilfreich. Viele seiner Mandanten besitzen oder erben auch Immobilien zu ihren Betrieben, bei deren Verwaltung sie Beratung benötigen. 

Christian Gernoth, Sohn des Inhabers und gleichzeitig Partner der Kanzlei, besitzt eine Doppelqualifikation als Steuerberater und Rechtsanwalt und hat sich zudem auf Handels- und Gesellschaftsrecht spezialisiert. Das sieht Gernoth als Chance für die Kanzlei, ergänzen sich so ihre Arbeitsbereiche. Mit Tobias Weinberger als dritten Partner der Kanzlei und dessen Qualifikation zum Fachberater für internationales Steuerrecht deckt die Kanzlei eine große Bandbreite an Spezialisierungen ab.

Steuerberatung aus einer weiblichen Perspektive?

Was der Kanzlei seit dem Renteneintritt der ehemaligen Partnerin, Elisabeth Ziegler, fehlt, ist eine weibliche Perspektive. „Wir wollen in unserer Kanzlei Angelegenheiten aus allen Perspektiven betrachten, deshalb wäre eine Frau als neue Partnerin wünschenswert“, so Gernoth. Ihm ist es wichtig, in der Kanzlei eine Balance zu schaffen und die Quote der männlichen und weiblichen Mitarbeiter etwa im Gleichgewicht zu halten. Das gestaltet sich schwierig, da es deutlich mehr Frauen in den Ausbildungsberufen gibt als Männer und in den Führungspositionen umgekehrt. Laut Gernoth wird sich das jedoch in den nächsten Jahren ändern. Er sieht den Trend, dass sich immer mehr Frauen in der Steuerberatung selbstständig machen und sich so die Quoten der Männer und Frauen ausgleichen werden. Das sieht Gernoth als Chance, da Frauen aus seiner Sicht einen anderen Zugang zum Thema haben und zum Beispiel durch Einfühlsamkeit eine Bereicherung für das Kanzleiklima sind. 

Am wichtigsten ist Gernoth für alle seine Mitarbeiter, dass sie Spaß an ihrer Arbeit haben. Was ihm besonders an dem Beruf als Steuerberater gefällt, ist die gestalterische Freiheit. Auch wenn der Weg dahin manchmal schwer und mühsam ist, so ist man als Steuerberater doch in der Lage, etwas zu verändern. Den Blick kann man auch in die Wirtschaft richten und sich hierbei die Frage stellen: Wie kann man den Betrieb voranbringen? Netzwerke aufzubauen und diese zu nutzen und zu erneuern, ist dabei essenziell. Wegen der Möglichkeit zur Gestaltung als Steuerberater entschied sich Gernoth damals für diesen Beruf und gegen die Finanzverwaltung. In diesem Fall nicht auf sein Umfeld zu hören, hat sich am Ende ausgezahlt. Den Spaß an der Gestaltung möchte er auch an seine Mitarbeiter weitergeben und ihnen ein Arbeitsumfeld bieten, das sie langfristig bindet und in dem sie gerne arbeiten.